Sie haben es sicher mitbekommen: Am heutigen Montag brach die VW-Aktie regelrecht ein. Direkt im Vormittagshandel ging es mit der VW-Aktie um rund 20% nach unten. Was war da los? Kurze Zusammenfassung: Die US-Umweltbehörde EPA wirft VW manipulierte Abgaswerte bei einigen Modellen vor. Und das kann richtig teuer werden: Es steht eine mögliche Strafzahlung von bis zu 18 Mrd. (Milliarden!) US-Dollar im Raum. Hier der genauere Blick auf die Aktie:
Zum Anbieter flatex Investitionen bergen das Risiko von VerlustenBekanntlich können Strafen für Verfehlungen von Unternehmen in den USA überaus happig ausfallen. Ich möchte das nicht pauschal verurteilen – denn wenn wie zum Beispiel beim „Clean Air Act“, der für bessere Luftqualität sorgen soll, etwas erreicht werden soll, dann muss eben auch als Sanktionsmöglichkeit ein hohes Strafgeld verhängt werden können. Wenn es da „nur“ einige Hunderttausend Dollar Strafgeld gäbe, würden die großen Autokonzerne das sozusagen lachend aus der Portokasse zahlen und dafür keine Verbesserungen bei der Rückführung der Schadstoff-Emissionen vornehmen. Doch hier sind wie gesagt bis zu 18 Mrd. Dollar Strafzahlung im Gespräch. Das wären rund 16 Mrd. Euro. Zum Vergleich:
Der heutige Kursrückgang von rund 20% bedeutet übrigens, dass sich die Marktkapitalisierung der VW-Aktie um rund 12 Milliarden Euro verringert hat. Zudem hat sich das bisherige 12-Monats-Plus der VW-Aktie schlagartig in ein Minus umgewandelt: Auf 12-Monats-Sicht steht der Kurs der VW-Aktie nun mit rund 7,4% im Minus. Auch die 1-Monats-Performance bewegt sich in ähnlicher Region (aktuell -7,9%). Hier der Blick auf den Chart der VW-Aktie:
Kursverlauf Volkswagen Aktie
Quelle: Finanzen100
Der Aktienkurs ist damit heute wie ein warmes Messer durch Butter auch durch die Unterstützung von 150 Euro „geschnitten“. Diese Unterstützung konnte sich auf die Tiefstkurse von Herbst 2014 und vom letzten August berufen. Da hatte diese Marke gehalten. Heute Vormittag dann jedoch nicht – und in quasi einem Rutsch ging es dann bis auf ca. 130 Euro abwärts.
Und dies sind die Details zu den Vorwürfen der US-Umweltbehörde EPA an Volkswagen:
- Die EPA fordert von Volkswagen den Rückruf von bis zu 482.000 Diesel-KFZ in den USA. Betroffen sind demnach die Marken Volkswagen und Audi (gehört bekanntlich auch zum VW-Konzern).
- Hintergrund ist der sogenannte „Clean Air Act“ in den USA, der durch eine strikte Begrenzung der emittierten Schadstoffe für eine Verbesserung der Luftqualität sorgen soll. Das ist natürlich durchaus begrüßenswert (finde ich) im Sinne einer besseren Luftqualität. Und genau herium geht es: VW bzw. dessen Tochter USA soll bei der Angabe der Schadstoffwerte eine Software betrügerisch manipuliert haben, so der Vorwurf der EPA laut Spiegel.
Quelle: Spiegel, Beitrag: USA: Umweltbehörde fordert Rückruf von fast 500.000 VW
Reuters meldete dazu, dass US-Autohändler von Volkswagen angewiesen worden seien, bestimmte Diesel-KFZ von Volkswagen und Audi vorerst zurückzubehahlten. Es soll da wohl um das Modelljahr 2015 gehen. Solange die Vorwürfe der EPA im Raum stehen, ist das wohl angemessen. Denn wenn es um den Rückruf von bis zu 482.000 Diesel-KFZ gehen sollte, dann will man diese Zahl bestimmt nicht erhöhen, indem man weitere der möglicherweise betroffenen Autos ausliefert.
Doch wie sieht es unabhängig von der möglichen Bußgeld-Forderung der EPA in Milliardenhöhe bei Volkswagen aus? Hier einige Fakten aus dem jüngsten Geschäftsbericht (= Halbjahreszahlen VW):
Halbjahresfinanzbericht Januar bis Juni 2015
- Die Zahl der Fahrzeug-Auslieferungen des VW-Konzerns (alle Marken) sank im ersten Halbjahr 2015 von 2,623 Mio. Einheiten (im ersten Halbjahr 2014) auf 2,552 Mio.
- Die Umsatzerlöse stiegen dennoch, und zwar um 9,9% auf 56,041 Mrd. Euro
- Im Kernbereich „Automobile“ stieg der operativ erwirtschaftete Cash Flow (laufendes Geschäft) um 11,8% auf 6,861 Mrd. Euro
Quelle: Volkswagen, Investor Relations: Halbjahresbericht 2015
Das US-Geschäft läuft ohnehin nicht besonders „rund“ bei VW. So sank die Zahl der verkauften Autos Marke Volkswagen in den USA auf 32.300 – ein Minus von 8,1% im Vergleich zum Vorjahreswert. Das war zwar auch ein besonders schlechter Monat für VW, insofern dürfte das Gesamtjahr nicht so schlecht aussehen wie die August-Verkaufszahlen suggerieren. Dennoch: Sinkende Absatzzahlen und nun eine drohende Milliardenklage – der US-Markt gehört für das VW-Management derzeit wohl kaum zu den Märkten, die besonders große Freude aufkommen lassen.
Kurs-Gewinn-Verhältnis bei VW
Auf Basis der Zahlen zum ersten Halbjahr ergibt sich ein realistisch eingeschätzter Gewinn pro Aktie von 20 bis 24 Euro für das Gesamtjahr. Wohlgemerkt – ohne die mögliche Strafzahlung der EPA zu berücksichtigen! Bei einem Gewinn von 20 bis 24 Euro pro Aktie errechnet sich für das Gesamtjahr 2014 bei einem Kurs von 130 Euro damit ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von ca. 5,4 bis 6,5. Die Auto-Aktien sind traditionell verglichen mit dem Gesamtmarkt relativ günstig bewertet. Ein KGV von 5,4 bis 6,5 ist aber auch für deutsche Automobil-Aktien ein vergleichsweise niedriger Wert. Für einen Konzern dieser Größenordnung ist dies sicherlich billig = günstige Bewertung.
Für das Vorjahr wurden übrigens 4,80 Euro Dividende je Aktie gezahlt. Das entspricht aktuell einer Dividendenrendite von rund 3,7%. Für einen DAX-Konzern kann sich das durchaus sehen lassen.
Bleibt derzeit die Ungewissheit der EPA-Strafzahlung. Volkswagen teilte mit, bei den Ermittlungen mit den Behörden „kooperieren“ zu wollen. Das lässt sich durchaus so interpretieren: Da ist wohl was dran an den Vorwürfen, sonst hätte es wohl eher ein entrüstetes Dementi gegeben. Es soll um gezielte Manipulationen an einer Software gegeben haben. Dem Spiegel zufolge soll es um Volkswagen Jetta und auch Golf, Beetle und Passat-Fahrzeuge der Jahre 2009 bis 2015 gehen. Und wenn die Vorwürfe berechtigt sind, dann ist dieser Vorgehensweise der EPA auch berechtigt. VW-Aktionäre machen sich nun aber natürlich Sorgen über die weitere Entwicklung. Denn die EPA ist dafür bekannt, saftige Bußgelder verhängen zu können. Beachten wir: Denn 12 Mrd. Euro, um die die Marktkapitalisierung des VW-Konzerns durch den heutigen Kursverlust gesunken ist, das sind rund 13,5 Mrd. Dollar. Damit wird gewissermaßen im Kurs vorweggenommen, dass VW eine Strafzahlung in dieser Höhe leisten muss. Und das würde die Marktkapitalisierung des Konzerns in der Tat entsprechend senken.
Mein Fazit VW: Damoklesschwert EPA-Strafzahlung!
Wie ein Damoklesschwert hängt seit diesen Montag die Höhe der Strafzahlung der EPA über dem Kurs der VW-Aktie. Ich finde, es sollte nicht vergessen werden, dass dies wohl wahrscheinlich ein „Einmaleffekt“ ist, der sich nicht auf die laufenden operativen Geschäfte des Konzerns auswirken sollte. Und auch im Interesse der Umwelt wäre ich froh, wenn VW aus den Vorwürfen (so sie denn stimmen) die Konsequenz ziehen sollte, verstärkt auf Verringerung der Schadstoff-Emissionen zu setzen und dies wahrheitsgemäß zu kommunizieren. Was die Höhe der Strafzahlung betrifft (so sie denn kommen sollte): Durch den heutigen Kurssturz ist gewissermaßen eines Strafzahlung von 12 Mrd. Euro vorweggenommen worden. Denn in dieser Höhe ist heute Marktkapitalisierung von VW „verdampft“. Sollte die tatsächlich zu zahlende Strafe höher ausfallen, sind durchaus weitere Kursverluste drin.
Und analog dazu natürlich auch das Gegenteil: Erholungspotenzial bei geringer ausfallender Strafzahlung oder gar Wegfall der Strafzahlung. Die Zahlung „an sich“ dürfte übrigens kein großes Problem sein: Laut eigenen Angaben hatte Volkswagen zum Endes des ersten Halbjahres 2015 liquide Mittel von kaum fassbaren 21,489 Mrd. Euro. Und da der Cash Flow des Unternehmens deutlich positiv ist und die Investitionen im ersten Halbjahr aus dem Cash Flow finanziert werden konnten, dürfte es auch in den Monaten danach zu keiner größeren Verringerung der liquiden Mittel gekommen sein.
Klarstellung
Und auch hier gilt: Dies ist meine rein subjektive Einschätzung und keine Aufforderung an Sie, diese Aktie zu verkaufen oder zu kaufen. Betrachten Sie meine Zeilen als Gedankenanstoß, nicht mehr und nicht weniger. Es geht um Ihr Geld – verantwortlich dafür sind Sie ganz alleine.
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