„Fallen Angel“, zu Deutsch gefallene Engel, setzt auf Kellerkinder unter den Aktien. Ehemalige „Highflyer“, welche hoch geflogen sind – aber dann dafür umso tiefer gefallen sind. Diese Strategie ist erheblich riskanter als eine Trendfolgende Strategie. Totalverluste sind durchaus keine Ausnahme. Im Erfolgsfall winken dafür höhere Renditen. Um mit der Fallen Angels Strategie erfolgreich mit Aktien zu handeln, bedarf einiger Analysearbeit im Vorfeld, denn es gilt vorauszusagen, ob die entsprechende Aktie weiterhin Potential hat, oder ob es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um ein Verlustgeschäft handeln würde, in einen stark gefallenen ehemaligen Überflieger zu investieren.
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Schauen wir uns ein konkretes Beispiel an. Die Aktie der niederländischen KPN (ehemaliger Telekom-Staatskonzern der Niederlande, welcher ähnlich wie die Deutsche Telekom privatisiert wurde) entwickelte sich vom Frühjahr 2011 bis zum 1. Juli 2013 katastrophal. Der Kurs fiel von über 7 Euro auf deutlich unter 2 Euro, wie folgender Chart zeigt:
Kursverlauf KPN-Aktie: Ein Trauerspiel. Quelle: NinjaTrader
Unternehmen ein Pleitekandidat? Und zum Zeitpunkt dieses Charts hieß es da: Mitnichten! Der größte Telekommunikationskonzern der Niederlande mit gewichtigen Beteiligungen im Ausland (E-Plus!) und einem klar positiven Cash Flow von mindestens 0,50 Euro je Aktie sowie einer Dividendenzahlung ist keine kleine „Klitsche, die vor dem Untergang steht“ (siehe Fundamentalanalyse – Cash Flow).
Grundsätzlich ist die Aktie also interessant, da Sie „Value“ = Wert bietet. Ins fallende Messer greifen sollten Sie aber auch nicht. Obiger Chart zeigt allerdings eine interessante Tatsache: Im Frühling/Frühsommer 2013 hatte sich der Kurs der KPN Aktie stabilisiert. Hatte er zuvor immer tiefere Tiefs erreicht, wurden ab Sommer 2013 keine neuen Tiefs mehr erreicht. Ein Signal für eine Bodenbildung? Sehen wir uns die Lage genauer an, und zoomen in den Ausschnitt Frühling/Sommer 2013:
Der KPN-Kursverlauf April-Juli 2013. Quelle: NinjaTrader
Der Chart zeigt, dass der Kurs der KPN-Aktie in diesen Monaten mit der eingezeichneten Linie kämpfte. Zweimal wurde sie leicht nach unten durchbrochen – das wurde aber schnell wieder aufgeholt. Da zu diesem Zeitpunkt die Umsätze relativ hoch waren und die Erholung schnell kam, sprach dies für einen Ausverkaufstag. Ein solcher Ausverkaufstag kann wie ein reinigendes Gewitter sein, danach geht es mit höherer Wahrscheinlichkeit wieder aufwärts. Insgesamt lässt sich also argumentieren, dass diese Marke hielt, sie wurde einige Male erfolgreich getestet. Diese Marke war übrigens die Marke von 1,50 Euro – also eine psychologisch wichtige Marke. Eine „Fallen Angels“-Strategie hätte hier greifen können: Eine fundamental günstig bewertete Aktie legt nach langem Abwärtstrend eine Bodenbildung hin. Hier könnte sich eine Erholung anbahnen, ein sogenannter „Rebound“. Demzufolge hätte sich im Juli 2013 ein Kauf angeboten. Wie es weiter ging:
Der KPN-Kursverlauf von Juli 2013 bis März 2014. Quelle: NinjaTrader
Und in der Tat: Nachdem die Marke von 1,50 Euro mehrfach getestet worden war und sich so ein Boden herausgebildet hatte, setzte danach die in solch einem Fall wahrscheinliche Erholung ein. Dieser Chart setzt nahtlos am vorigen An und zeigt, dass der Kurs der KPN-Aktie sich seitdem sehr positiv entwickelt hat. Von der Marke von 1,50 Euro aus ging es bis Ende 2013 auf in der Spitze knapp 2,50 Euro nach oben. Ein Zuwachs von 65% innerhalb von 6 Monaten wäre mit diesem „Fallen Angels“-Trade möglich gewesen.
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Beim Investieren in eine zuvor stark gefallen Aktie können die Anleger in kurzer Zeit relativ viel Geld machen. Denn wenn das Potential der Aktie richtig eingeschätzt wurde und der Kurs wieder dementsprechend steigt, sind die Gewinnspannen deutlich höher, als bei einer Aktie die schon zuvor über einen längeren Zeitraum stabil war. Allerdings birgt die Fallen Angels Strategie auch das nicht zu vernachlässigende Risiko eines Totalverlusts. Erholt sich die Aktie nicht, sondern sinkt noch weiter, so wurde auf ein totes Pferd gesetzt. Anleger sollten sich daher immer im Klaren sein, dass sie mit der Investition in einen Fallen Angel ein relativ hohes Risiko im Vergleich zu anderen Strategien eingehen. Das in diese Strategie investierte Geld sollte daher als Risikokapital angesehen werden und dementsprechend auch nicht langfristig anderweitig eingeplant werden. Wer bereit ist, dass Risiko der Fallen Angels Strategie einzugehen, der kann hierbei sehr gute Gewinne machen.
Fallen Angels Aktien sind von hoher Qualität
Nicht jede stark gefallene Aktie hat das Potential für die Fallen Angels Anlagestrategie. Ein echter Fallen Angel zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Aktien eines Unternehmens von hoher -qualität und gutem Potential bei den Anlegern in Ungnade gefallen und daher billiger zu erwerben sind, als es dem tatsächlichen Wert des Unternehmens entspricht.
Bei Fallen Angels Aktien geht der Trend der Anleger über einen längeren Zeitraum zum Verkauf der Aktie, der Kurs fällt. Beim sogenannten Rebound erfolgt meistens nach einer Plateau-Phase ein erneuter Anstieg, den es bei dieser Strategie auszunutzen gilt.
Aktien die dagegen gefallen sind, weil das entsprechende Unternehmen tatsächlich an Wert verloren hat, vielleicht sogar Zahlungsschwierigkeiten oder ähnliches hat, sind dagegen keine echten Fallen Angels, sondern ihr Wert entspricht tatsächlich dem derzeitigen Kurs.
Bei der Anwendung der Fallen Angels Strategie geht es darum, die Unternehmen mit Potential und somit einer hohen Wahrscheinlichkeit für einen erneuten Anstieg der Aktienkurse, von den tatsächlich wertlosen Aktien zu unterscheiden. Gelingt dies nicht, so droht der Totalverlust des angelegten Geldes, da in diesem Fall in ein marodes Unternehmen investiert wird.
Gute Analyse der Fundamentaldaten erforderlich
Bei der Anwendung der Fallen Angels Strategie muss korrekt vorhergesagt werden, ob eine Aktie das Potential hat sich zu erholen, oder ob es sich bei dem Unternehmen um einen Pleitekandidaten handelt. Im letzteren Fall sollte natürlich nicht in die entsprechende Aktie investiert werden.
Bei der Datenanalyse sollte der tatsächliche Wert des Unternehmens und der Cash Flow berücksichtigt werden. Auch eine regelmäßige Dividendenzahlung ist ein gutes Indiz dafür, dass es um das Unternehmen nicht so schlecht bestellt ist, wie es der Aktienkurs vielleicht auf den ersten Blick vermuten lässt. Bestehen dagegen massive Probleme und ist keine Lösung in Sicht, so handelt es sich möglicherweise um einen hoffnungslosen Fall und es sollte kein Geld investiert werden.
Hohe Wertverluste bei Krisen
Krisen und schlechte Nachrichten führen oft zu dem Phänomen, dass es bei den Anlegern zu einer Art Massenhysterie kommt und die entsprechenden Aktien deutlich unter Wert gehandelt werden. Der Kurs fällt also auf Grund der schlechten Meinung der Anleger von dem Unternehmen deutlich stärker ab, als es nüchtern betrachtet sinnvoll wäre. Somit ist es grade in Krisenzeiten möglich, einen Fallen Angel günstig zu kaufen. Dabei wird die Aktie in der Annahme gekauft, dass sich die Kurse nach Überwindung der Krise wieder aufwärts entwickeln werden.
Vor einem solchen Kauf sollte allerdings unbedingt der stärkste Fall der Aktie abgewartet werden und es sollte ebenfalls eine gute Chance bestehen, dass das Unternehmen seine derzeitigen Probleme erfolgreich in den Griff bekommt. Erst wenn ein Ende der Krise absehbar ist, sollte in einen Fallen Angel investiert werden. Zu diesem Zeitpunkt ist die Aktie bei den meisten anderen Anlegern noch immer in Ungnade gefallen und befindet sich daher auf einem sehr niedrigen Stand und kann günstig erworben werden.
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Krisen und Skandale können zu einem sehr raschen Wertverlust einer bis dahin hoch gehandelten Aktie führen. Vor allem wenn es sich dabei um Krisen handelt, die den Anlegern lange in Erinnerung bleiben führt dies häufig dazu, dass der Kurs der Aktie weiterhin auf dem Tiefststand verbleibt, obwohl die Ursache für den Fall längst überwunden worden ist. Somit geht es mit dem Unternehmen bereits wieder aufwärts, während die zugehörige Aktie sich noch im Keller befindet.
Eine Aktie mit derartigen Bedingungen hat gute Voraussetzungen, sich zu einer sehr gewinnbringenden Anlage zu entwickeln, denn mit ein wenig zeitlicher Verzögerung wird sie sich wahrscheinlich erholen. Eine Investition in diese Aktie zum richtigen Zeitpunkt kann daher hohe Gewinne einbringen.
Fallen Angels erreichen in der Regel nicht wieder den ursprünglichen Kurs
Zwar wird bei der Fallen Angels Strategie nach dem tiefen Fall der Aktie auf einen erneut steigenden Kurs gesetzt, es ist aber bei den meisten Aktien nicht davon auszugehen, dass sie jemals wieder den ursprünglichen Kurs aus der Zeit vor dem Fall erreichen.
Bei einem typischen Verlauf eines Fallen Angel steigt der Kurs nach dem Rebound wieder verhältnismäßig stark an und die Anleger können gute Gewinne machen, denn die Aktie kann zu Beginn günstig erworben werden und legt dann prozentual meistens gut an Wert zu. Der ursprüngliche Kurs aus den besten Zeiten der Aktie wird jedoch normalerweise nicht mehr erreicht. Meistens pendeln sich die Kurse nach dem erneuten Anstieg auf einem deutlich niedrigeren Niveau ein oder fallen erneut ab. Daher ist es wichtig für den Anleger, die Aktie bei Bedarf rechtzeitig wieder zu verkaufen, beziehungsweise nicht auf einen allzu hohen Kurs zu spekulieren. Auch hier ist die Analyse der Fundamentaldaten sehr hilfreich, denn Anleger sollten wissen, wie hoch der Wert des Unternehmens in welches sie investieren tatsächlich ist.
Umstrukturierungen in Unternehmen richtig bewerten
Um die Fallen Angels Strategie erfolgreich anwenden zu können ist es hilfreich, wenn der Anleger sich gut mit der Marktwirtschaft und den Strukturen von Unternehmen auskennt. So kann am besten bewertet werden, wie gut oder schlecht ein Unternehmen eine Krise bewältigt und ob es sich lohnt, in eine stark gefallene Aktie Geld zu investieren und diese zu kaufen.
Der Investor sollte gut einordnen können, in welchem Stadium der Krise sich ein Unternehmen grade befindet und wie gut die Chancen sind, diese schnell zu überwinden. So kann der richtige Zeitpunkt abgeschätzt werden, zu dem sich ein Kauf von Aktien lohnt. Es gilt, neu angepasste Geschäftsmodelle zu überprüfen und möglichst genaue Vorhersagen über den zu erwartenden Erfolg zu treffen.
Hier zeigt sich, dass die Fallen Angels Strategie nicht ohne einen gewissen Zeitaufwand und auch nicht ohne das entsprechende Hintergrundwissen angewendet werden kann. Im Gegensatz zu Trendfolge Strategien sind hier umfassendere Analysen notwendig und auch die technische Analyse sollte vom Anleger beherrscht werden. Der Aufwand lohnt sich jedoch, denn im Falle eines Erfolgs mit der Fallen Angel Strategie winken besonders hohe Renditen. Je besser die Analyse des Anlegers durchgeführt wird, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Anwendung dieser Strategie daher lohnt es sich, sich entsprechendes Hintergrundwissen anzueignen.
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Auch erfolgreiche Trader von binären Optionen setzen auf Fallen Angels. Bei dieser Anlageform wird allerdings in den meisten Fällen früher investiert und dafür auf den fallenden Kurs gesetzt. Beim Handel mit binären Optionen muss ein Fallen Angel daher früher als ein solcher identifiziert werden als beim klassischen Aktienhandel. Es wird dann darauf gesetzt, dass der Kurs noch weiter fällt. Auch eine Kombination beider Anlageformen ist denkbar: Zunächst wird in binäre Optionen investiert und auf den fallenden Kurs gesetzt. Hat sich der Kurs der Aktie dann auf seinem Tiefpunkt eingependelt und ist ein erneuter Anstieg zu erwarten, so kommt die klassische Fallen Angels Strategie zum Einsatz und die Aktie wird gekauft.
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